23.8. – 17.9.20
Über den Reschenpass geht’s nach Italien. Auf dem schon bekannten Parkplatz der Watlesskistation verbringen wir die erste Nacht und anschließend unsere erste Wanderung zur Sesvennahütte, die wir schon von einer Skitour vom Winter her kennen.
Weiter geht’s Richtung Sulden. Geplant ist eine drei Tagestour unterhalb des Ortlers. Die Hütten sind gebucht, doch am nächsten Tag bereiten die Knie von Andrea schmerzen. Wir entscheiden um und auch ein Tag genügt, um der Königsspitze, dem Zebu und dem Gletscher vom Ortler recht nah zu sein. Das Wetter ist traumhaft, keine Wolke versperrt die Sicht. Nach der Abfahrt von Sulden duschen wir noch kostenfrei auf einem Campingplatz und finden per park4night App wieder einen netten wild camping place mit Blick auf den Ortler in Schluderns, den wir uns mit 4 anderen deutschen Campern teilen.
Am nächsten Morgen sendet der Himmel das gleiche Bild. Wir tauschen den Camper gegen das Rad und leihen uns am Bahnhof in Sponding Räder und radeln 50 km den Etschtalradweg entlang hinunter bis Meran. Der Weg ist abwechslungsreich gestaltet und führt an den zahllosen Vinschgauer Apfelplantagen entlang und an Burgen vorbei. Nach etwas Stadtsightsing fahren wir mit der Bahn zurück zum Auto und wir plazieren uns über Nacht auf dem Parkplatz einer Sportanlage in Kastellbell. Das gerade unter Flutlicht stattfindende Freundschaftsspiel gewinnen die Hausherren haushoch. Am nächsten Morgen dürfen wir unsere Wasservorräte kostenfrei beim, aber nicht mit Jägermeister auffüllen.
Vollgefüllt besuchen wir Reinhold Messner auf seinem Schloss in Juval. Leider ist der Schlossherr nicht selbst zu Hause, eine patente Führerin genügte, um trotzdem Einblicke in das Leben des Weltenbummlers zu erhalten. Schloss Juval ist eines von insgesamt 5 Museen, die Messner in Südtirol gestaltete, jedes unter einen anderen Thematik. Juval hebt die Religiösität der Bergvölker hervor und ist zugleich der Wohnsitz von Messner. Architektonisch und Landschaftlich sehr reizvoll, wie auch das mitunter polarisierende Leben vom Schlossherrn. Über einen Waalweg (zur Bewässerung gebaute kleine Kanäle) und mit trampen führt uns der Weg zurück zum Camper und von dort aus nach Meran an den Passer. Das Wetter ist noch warm und sonnig und so verbringen wir den Nachmittag am Fluss. Der nächste Morgen bringt Bewölkung und Regen mit. Beste Zeit für Museen. Während ich das Museum für Südtiroler Touristik im Schloss Trautmannsdorf besichtige, ist Andrea in deren toll angelegten botanischen Gärten unterwegs. Gegen Mittag beginnt es zu regnen und wir machen uns auf den Weg in die Brenta nach Molveno, wo Ben mit seinen 4 Freunden auf uns wartet.
Wir hatten das Privileg unserem Sohn und seinen Freunden zwei Tage Unterschlupf vor dem Regen zu bieten, als Ergänzung zum Zelt. Dem entsprechend sah es in und um unseren Bus aus 😉 Es war klasse euch erlebt zu haben!
Am Nachmittag sind wir am Ziel und wir finden am Südufer des Molvenosees einen ruhigen Platz für die Zelte und den Camper. Nun beginnt es auch in der Brenta zu regnen, zwei Tage wird uns der Dauerregen begleiten und später nerven. Unser Camper und die Markise wird während dieser Zeit zum Küchenrefugium, zum Shuttelbus, zum Aufenhaltsraum und zur Gepäckaufbewahrung für 7 Leute. Trotz des Schmuddelwetters hatten wir eine sehr kostbare und intensive Zeit mit Ben und seinen Freunden. Am 30.8. verabschieden wir sie nach Hause.
Ein Tag zum trocknen, wärmen und putzen am Gardasee.
Wir wollen in die wärmende Sonne und entdecken beides an der Südküste unter einem Olivenhain am Gardasee. Es ist Ende August, wir sind nun schon einen Monat unterwegs und wir merken, wir sind nicht mehr im Urlaub, wir sind auf Reisen. Wir nehmen uns Zeit zum Wäsche waschen und spannen unsere Leinen zwischen alten Olivenbäumen.
Mailand Am beeindruckendsten ist der Dom. Weißer Marmor vor blauem Himmel bei Sonnenschein! Nach unserem Empfinden kann da das Innere des Domes nicht mithalten. Deshalb unbedingt das Dach besteigen! Staunen Schauen Genießen
Nach dem Ruhetag geht’s in die Lombardei und in die Modestadt Mailand. Wir merken es an den penibel Masken tragenden Menschen und an den Fiebermessstationen, dass die gesamte Region sehr unter den Auswirkungen von Covid 19 zu leiden hatte. Nur langsam kommt die Kultur der Stadt wieder in Gang. Für die Anti Corona Demonstranten in Deutschland hätten sie vermutlich kein Verständnis.
Wir nächtigen auf einem großen Parkplatz an einer unmittelbaren Metrostation. Parken ist in Corona Zeiten kostenlos in Mailand. Noch am selben Abend fahren wir mit Öffis in die Innenstadt zum Dom. Es ist das dritt größte Kirchengebäude der Welt, aus Mamor gebaut und tatsächlich beeindruckend. Am nächsten Tag schauen wir uns den Dom von Innen an. Bühnentechniker sind eifrig am Aufbau für ein großes Konzert in Gedenken an die Corona Opfer. Der Dom selbst wirkt von innen sehr dunkel. Weit aus lohnender dagegen ist der Aufstieg auf das Domdach. Von dort aus hat man einen herrlichen Blick über die Stadt bis zu den schneebedeckten Gipfeln der Bergamesker Alpen. Dies ist unser Ziel für die nächsten Tage, denn es soll sonnig und warm werden, also Bergwetter. Wieder geht’s also Richtung Norden nach ins Val Bodonia Tal. Wir fahren bis ans Ende des gleichnamigen Dorfes und finden eine kompetente junge Dame noch in der Touristinfo vor und einen schönen Stellplatz am Flußufer. Wir planen unsere Tour und packen am nächsten Morgen unsere Rucksäcke. Die Bergamesker Alpen sind relativ unbekannt, weil sie eingerahmt sind vom westlich liegenden Comer See und vom östlichen Ortlermassiv. Aus diesem Grund sind sie auch wenig begangen, die Hütten sind klein und nicht überfüllt. Vor ca. 100 Jahren entdeckten die Lombarden die Kraft des Wassers zur Nutzung und stauten die vielen wasserreichen Alpenbäche mit Hilfe von Staumauern an. Zur Unterbringung der Arbeiter bauten sie in der Gegend zahlreiche Rifugios (Hütten), die heute als Schutzhütten für Wanderer nutzbar sind und von der Alpensektion Bergamo verwaltet werden. Ein dichtes Wegenetz macht die Gegend zu einem Wanderparadies. Unser erstes Ziel ist die Curo Hütte, von dort laufen wir weiter zum Rigugio Coca, das wir spät am Abend erreichen. Nach einem leckeren Menü und einem halben Liter Wein fallen wir nur noch in die Betten. Am nächsten Tag steigen wir ab zu unserem Camper und überbieten auch die italienischen Zeitangaben deutlich, denn Wasserfälle laden zum kostenlosen duschen ein. Mehrtageshüttentouren sind vorerst nicht mehr in unserem Reisebudget drin. Stattdessen setzen wir auf Tagestouren von unserem Camper aus. Dabei stellen wir erstaunt fest, dass in den italienischen Alpen die wenigsten Gipfel Kreuze haben. Ein wichtiger Anhaltspunkt fehlt zum wandern. Am 7.9. kehren wir den Alpen endgültig unser Heck zu und verlassen Val Bondione nach 4 herrlichen Tagen. Unser nächstes Ziel sind die 5 malerischen Dörfer im Nationalpark Cinque Terra.
Einen Zwischenstopp legen wir in Cremona ein. Stradivari ist der berühmteste Sohn der Stadt. Am Arsch der Welt, dem Po, übernachten wir. Dann geht’s weiter auf kurvenreichen Landstraßen bis wir zum auf unserer Reise zwischen Genua und La Spezia zum ersten Mal das Mittelmeer erblicken. Direkt am Meer parken wir und genießen das warme Wasser und Gelato. Am nächsten Morgen beim Frühstück werden wir freundlich von der Polizei darauf hingewiesen, dass wir unseren momentanen Stellplatz unverzüglich zu verlassen hätten. Unsere maximale Parkdauer von 2 h hatten wir um ein vielfaches überschritten, das wussten wir. Die Gegend der Cinque Terra ist bekannt für seine notorisch knappen und deshalb teuren Parkplätze, seine engen Strassen, viele Touristen, schöne Wanderwege auf halber Höhe der Küste entlang, seine gut getaktete Bahnanbindung, schöne Dörfer und kleine Kiesbadestrände. Wir bleiben drei Tage und erkunden zu Fuß, mit der Bahn und vom Meer aus mit dem Seekajak das Unseco Weltkulturerbegebiet.
Reisen ist aber auch Alltag. Wäsche, Einkaufen, Schlafplatz organisieren brauchen Zeit.
Nicht immer ist es ein so schöner wie hier im Weinberg
Unser Camper hat unterdessen sein erstes Leck. Kühlwasser muss in regelmäßigen Abständen nachgefüllt werden. Wir steuern diverse Werkstätten an. Mögliche Ursachen kann es viele geben, aber es geht Richtung Wochenende und die Ersatzteilbeschaffung dauert aus diesem Grund etwas länger. Wir beschließen, Anfang der neuen Woche in Florenz eine Werkstatt auf zu suchen. Bis dahin legen wir im Sabbathjahr am Sabbath in Marina di Pisa einen Strand, Wäsche- und Ruhetag ein. Wir merken, dass das individuelle Reisen große Vorteile hat in der freien Zeitgestaltung, aber auch einen hohen organisatorischen Selbstaufwand bedeutet wie das ständige Nachfüllen von Frischwasser, Nachschub von Propangas, Möglichkeiten zum Duschen und Wäsche waschen zu finden. Bisher sind Campingplätze immer noch eine gute Möglichkeit diesen Service dort zu nutzen, obwohl wir nicht auf ihnen nächtigen. Dazu sind sie zu teuer und zu voll. Bessere und einsamere Möglichkeiten gibt es auf Parkplätzen von Sportanlagen, Friedhöfen, Waldwegen. Manche App hilft sehr beim Finden, aber auch detailreiche offline Karten verraten Sackgassen und wenig bewohnte ruhige Gebiete. Mitten genau in diese Überlegungen hinein kommt die Gandamerie und macht uns klar, dass wir am Waldrand zwar parken, aber nicht campen dürfen. Mit italienischer Gelassenheit nehmen wir die Wäsche ab, packen Stuhl und Tisch zusammen. Der Polizei dauert das zu lang und sie düsen ab. Wir lassen unser Auto stehen und decken uns Fußläufig mit Proviant ein und halten Ausschau nach einem neuen Stellplatz für die Nacht. Der ist rasch neben einem Spielplatz gefunden. Wir parken um, doch mitten in der Nacht übernehmen halbstark laute Jugendliche den Platz und wir verziehen uns wieder mit unserem Camper an einen ruhigeren Ort. Am Sonntagmorgen frühstücken wir am Hafen und fahren nach Pisa. Viele Parkplätze sind Sonntags kostenfrei. Wir besichtigen neben dem Dom mit seinem schiefen Campanaria das runde Baptisterium. Die Funktion dieses Gebäudes liegt allein darin, dass Personen im Mittelalter keine Kirche betreten durften, bevor sie nicht getauft waren. Und im Baptisterium konnte schnell Abhilfe geschaffen werden. Bis heute ist dies in Funktion.
Für den nächsten Tag haben wir uns mit Rainer und Martina am Abend in Florenz verabredet. Sie legen in der Hauptstadt der Toskana einen Zwischenstopp ein. Wir auch. Zuvor suchen wir nach vielen Recherchen einen Gashändler auf, der uns verspricht, unsere leere Gasflasche zu füllen, wir könnten sie am nächsten Tag wieder bei ihm abholen. Wir glauben ihm und fahren weiter zur nächsten VW Werkstatt. Unser defektes Kühlsystem muss dringend repariert werden. Bei der 2. Anlaufstelle in Florenz haben wir Glück. Nach einem Drucktest wird klar, wir benötigen eine neue Wasserpumpe. Am nächsten Tag könnten wir das Auto wiederholen. Wir packen ein paar nötige Dinge zusammen, buchen schnell ein billiges Hostel zentrumsnah in Florenz und fahren mit der Bahn zu unserem Nachtquartier.
Blick in die Domwerkstätten
Kurz vor Sonnenuntergang treffen wir Rainer und Martina und gehen gemeinsam essen. Es ist spät, laut und stickig, als wir im Hostel ankommen. Daran wird sich auch in der Nacht nichts ändern. Danach wissen wir, dass die Müllabfuhr 5.30 Uhr ihren Dienst beginnt mit dem entleeren der Glascontainer und dass es 6.00 Uhr immer noch dunkel ist. Der nächste Tag beginnt in der Markthalle mit einer anschließenden free walk Stadtführung auf Deutsch für 2 Stunden durch Florenz. Sehr zu empfehlen. Am Nachmittag noch einen Abstecher ins Leonardo da Vinci Museum und am frühen Abend können wir unseren Camper wieder in Empfang nehmen, die gefüllte Gasflasche abholen und einen neuen Laderegler für die Solaranlage einbauen.
Fotoausstellung auf der Straße Marktplatz
Mit je weniger Erwartungen wir in eine Stadt fahren, um so überragender ist sie oft.
Wir verlassen Florenz und sind froh an einem Fischteich wieder in unserem Camper schlafen zu können. Am nächsten Tag ist bis zum Mittag Tour Besprechung, wir beschließen ins nahe gelegene Siena zu fahren. Die Altstadt mit ihrer großen muschelförmigen Plazza ist Weltkulturerbe. Wir besichtigen zu Fuß die Stadt und gelangen unverhofft und kostenfrei ins städtische Kunstmuseum mit Gemälden, Fresken und Statuen. Bevor die Sonne untergeht, erreichen wir mitten in den Weinbergen einen herrlichen toskanischen Hügel, auf dem wir übernachten. Wir beschließen, am Freitag, 18.9. mit der Fähre von Livorno aus nach Korsika überzusetzen. Wir fahren zum Hafen, besorgen uns Fährtickets, tanken, füllen Wasser auf und decken uns mit Lebensmitteln ein. Nach reichlich drei Wochen in Italien verbringen wir die letzte Nacht im Hafengelände von Livorno vor einem riesigen Kreuzfahrtschiff.