Dienstag, 9.3.21
Komisch, die Ankunft auf dem spanischen Festland in Huelva nach 36 Stunden Fährüberfahrt fühlt sich schon wie Heimat an. Auf den Kanaren hatten wir unseren südlichsten, westlichsten und vielleicht auch höchsten Punkt unserer Reise erreicht. Und jetzt? Unsere drängendste Frage ist, wie sehr hat Portugal seine Grenze zu Spanien wirklich geschlossen. Wir fahren hin, es sind keine 50 km. Lange Zeit ist nichts zu sehen, nur die Autos werden weniger. Und dann, über dem Grenzfluss stehen die portugiesischen Beamten. Aussichtslos, wir dürfen nicht passieren. Plan B wird ausgepackt, der eigentlich Mal Plan A war. Wir fahren zurück bis nach Sevilla zum Airport. Wenn die Einreise nach Marokko nicht über den Fährhafen funktioniert, dann wenigstens per Flugzeug. Als wir die Abfertigungshalle betreten herrscht gähnende Leere. Nichts, nur zwei Inlandsflüge für heute. Alle Schalter sind bis auf weiteres geschlossen, auch der von ryanair. Enttäuschung macht sich breit. Wenigstens finden wir in Sevilla einen passablen Stellplatz. Die Hauptstadt Andalusiens stand noch auf unserem Zettel. Ende letzten Jahres hatten wir nur ein paar Stunden Zeit für die Stadt, nun soll es etwas mehr sein.
Mittwoch, 10.3.21
Gegen 10.00 treffen wir Felix, unseren jungen Radguide. Sein Vater stammt aus Wien, deshalb ist er super geeignet uns seine Heimatstadt auf Deutsch zu erklären. Am Vortag haben wir ihn über eine bikesite kontaktiert und nun sind wir zu dritt für 3 Stunden auf den Straßen von Sevilla gemeinsam unterwegs. Wir können die Route selbst wählen, an Parkanlagen vorbei und dem alten Expogelände von 1929. In den Kneipen der Stadt pulsiert das Leben und steckt uns an. Am Nachmittag läuft uns Alberto über den Weg. Er vermittelt Flamencotänze. Wir sind interessiert an einem Abend und verabreden uns für den nächsten Tag.
Donnerstag, 11.3.21
Der Alcazar von Sevilla ist das vormittägliche Ziel. Ähnlich wie die Alhambra in Granada vereint dieser Palast maurische und gothische Einflüsse. Eine Innenausstattung fehlt vollkommen, dafür sind die Ornamente, Fliesen und Friese künstlerisch eine Augenweide. Die angrenzenden Gärten sind jedoch um einiges kleiner als die in der Alhambra. Am Nachmittag durchforsten wir die Straßen, gelangen in kleinere, kostenfreie Kunstmuseen und erwarten am Abend Flamencotänze. Wir treffen Alberto wieder mit einer schlechten Nachricht, die Veranstaltung fällt aus. Kurzerhand mieten wir uns stattdessen Räder für 24h.
Freitag, 12.3.21
Sevilla liegt in einer der wenigen Tiefebenen Spaniens, im Mündungsgebiet des Rio Guadalquivir. Eine Stadt ohne nennenswerte Hügel im Umland und so gut für Radtouren geeignet. Wir nutzen das, bis zum Abend haben wir noch die Räder zur Verfügung. Erstes Ziel ist La Setas, ein futuristisches, architektonisches Highlight der Stadt, von einem deutschen Architekt entworfen. Die pilzförmige Struktur ist im oberen Stockwerk begehbar und von ihr hat man einen schönen Blick auf die Stadt. Weiter geht’s zum Marie Luisa Garten, einer der grünen Lunge von Sevilla, danach immer am Fluss entlang zum ehemaligen Expogelände von 1992. Wir wuseln uns durch den Verkehr, geben die Räder ab und treffen Alberto wieder. An diesem Abend gelingt es uns, der Flamencomusik, den Tänzen und Liedern zu zuschauen.
Samstag, 13.3.21
Der Parkplatzeinweiser steht schon lange da und wartet auf Autos, die auf eine freie Parklücke spekulieren. Es ist seine Verdienstquelle. Seit 4 Tagen sind wir mit ihm in losen Kontakt, er versorgt uns mit Informationen, wir ihm mit Kaffee, unserer Währung. Heute verlassen wir ihn und Sevilla, steuern Richtung IKEA für freies Wlan. Am Abend campen wir nochmals oberhalb der Stadt.
Sonntag, 14.3.21
Dank des blau gelben schwedischen Möbelkonzerns können wir per Zoom am Verabschiedungsgottesdienst von unserer großen Tochter in Hannover teilnehmen. Am Abend geht von Sevilla aus ein Flug nach Marokko, wir sind am Flughafen, lassen jedoch den Flieger fliegen und fahren stattdessen an der portugiesischen Grenze entlang Richtung Norden.
Montag, 15.3.21
Merida, die Hauptstadt der Extrematura ist recht klein, hat aber die meisten antiken, römischen Bauwerke ganz Spaniens auf zu weisen. Wir besichtigen u.a. das Theater, die Gladiatorenarena und heben uns für den nächsten Tag den Alcazar auf.
Dienstag, 16.3.21
Fettflecken am linken Vorderreifen verheißen nichts Gutes. Ein Check bringt Klarheit, eine Antriebsmanschette ist defekt. Wir machen uns auf zur nächstbesten Werkstatt und uns wird sofort geholfen, innerhalb von 3 Stunden ist der Schaden behoben und es kann weitergehen. Eigentlich. Doch seid wir wieder auf dem Festland sind und wir wissen, dass die Grenzen zu Portugal noch bis Ostern geschlossen bleiben, schieben wir Entscheidungen vor uns her, die aber getroffen werden müssen. Wie geht es weiter? Mehrere Optionen stehen zur Verfügung und wir tun uns schwer. Welche Richtung wäre die Richtige? Auf die Grenzöffnung zu warten? Ins noch kühle Frankreich zu fahren? Mit dem Flieger ab Madrid nach Costa Rica als Backpacker zu reisen? Mit diesen Gedanken im Hinterkopf besichtigen wir den Alcazar von Merida und wählen anschließend Mittelamerika ab. Viel zu sehr haben wir uns an die Reiseart mit unserem Camper gewöhnt, die viel Raum für Spontanität und Flexibilität lässt. Wir fahren nach Badajoz, in die Nähe der portugiesischen Grenze und treffen dort auf Hannes und Conny, die Bummelsachsen aus Weixdorf.
Mittwoch, 17.3.21
Die beiden Bummelsachsen sind eine Wucht und wohl nichtsahnend bringen sie uns wieder mit ihren Reiseberichten der vergangenen Jahre in die Spur. Sie weiten unseren festgefahrenen Blick für all die Reisemöglichkeiten, die es noch gibt. Das im Hinterkopf, fahren wir zum zweiten Mal zur portugiesischen Grenze und bekommen wieder eine freundliche Abfuhr. Mit Polizeieskorte werden wir nach Spanien zurück geführt. Wir fahren weiter Richtung Norden bis nach Careces mit seinem mittelalterlichen Stadtkern.
Donnerstag, 18.3.21
Der junge Angestellte in der Touristinfo von Careces hat sichtlich Freude, seine vorhandenen Deutschkenntnisse an uns aus zu probieren. Wir profitieren beide davon. Er beschreibt voller Lust die Sehenswürdigkeiten seiner Stadt. Wieder sind die Türme der Stadt unser erstes Ziel, danach das kostenfreie archäologische Museum der Stadt mit seinem beeindruckenden Ajibe. Diese Zisterne der Mauren diente der Wasserversorgung der gesamten Stadt und war eine der Größten seiner Zeit. Am Nachmittag fahren wir weiter in das Naturreservat Los Barruecos mit seinen dutzenden von Störchennestern, der dazugehörigen Froschspeise, Granitblöcken und Teichen. Wir spazieren in dieser Gras- und Steinlandschaft und finden einen idyllischen Standplatz direkt am Wasser. Immer mehr können wir neben dem Frühstück auch das Abendessen im Freien genießen, hier in Westspanien ist es bis 20.00 Uhr hell.
Freitag, 19.3.21
Auf der Fahrt Richtung Norden probieren wir es wieder an 2 portugiesischen Grenzstationen, ohne Erfolg. In einer Kleinstadt mitten in der Extramadura, treffe ich in einer Bar Antonio. Ich frage auf Englisch nach Churros, er beantwortet meine Frage auf Deutsch, spendiert eine Cola und erzählt von seinem 35 jährigen Leben in Deutschland als Autobahnbauer der A 72 von Hof nach Dresden. Am späten Nachmittag steuern wir einen Platz an einem Dorfteich an, recherchieren nach Arbeitsmöglichkeiten als wwoofer in Portugal und registrieren uns auf der dortigen Website.
Samstag, 20.3.21
Dann ging alles ziemlich schnell. Während wir bei wwoofer Portugal Bewerbungen schreiben und nacheinander absenden, kommt schon der erste Anruf von Alex, südlich von Lissabon. Wir könnten sofort mit arbeiten beginnen. Aus unseren Grenzerfahrungen der vergangenen Tage benötigen wir eine Bescheinigung über die Art und den Umfang der Arbeiten. Innerhalb von einer Stunde erhalten wir diese von Alex, übersetzen sie ins Englische und Portugiesische und fahren damit zur Grenze. Der Beamte schaut etwas verdutzt, wir erst recht als er uns durchwinkt. Wir haben es geschafft und sind in Portugal.
Comments (1)
Hallo Ihr Zwei, hab endlich mal genug Netz um Euren tollen Block lesen zu können. Sehr gut zu lesen. Tut uns leid mit Portugal aber wir haben gehört bis mindestens 6. April bleibt alles dicht. Wir sind auch in nördlicher Richtung unterwegs. Conny schickt einen Standort, vielleicht treffen wir uns noch mal. Tschüß und alles Gute, die Bummelsachsen.